Initiative “Stolpersteine in Karben”
Politisch Verfolgte in Okarben
In der Hauptstraße 29
(davor in der Neugasse 6) wohnte
Heinrich Agel, Schuhmacher, (geb 22.07.1910 in Okarben),
Foto vom 17.6.1929,
zwei Jahre nach Gesellenprüfung
(Sammlung Familie Agel)
Nach der Schulausbildung lernte er das Schuhmacher-Handwerk und trat in die örtliche KPD ein.
Außerdem engagierte er sich bei dem neu gegründeten Verein
der “Naturfreunde Okarben”.
Heinrich Agel auf dem
Titelbild der Festschrift der Naturfreunde Okarben
im Jahr 2002,
>>> Weitere Informationen zu „Die Naturfreunde Karben e.V.“ >>>hier
>>> Informationen zur Geschichte „Die NaturFreunde Deutschlands“ >>>hier
Mit der Machtübernahme der NSDAP wurde er wegen seiner Mitgliedschaft bei den örtlichen Naturfreunden
sowie in der KPD unter Polizeiaufsicht gestellt. Wiederholt wurde er nachts durch die SA aus dem Bett
geholt, zum Ablegen eines Protokolls in die Bürgermeisterei gebracht und auf dem Rückweg zu seiner
Wohnung von bewaffneten SA-Männern verprügelt.
Als Heinrich Agel im Juli 1933 im Anschluss an eine Mitgliederversammlung in der Gaststätte Gräf in
Okarben auf der Straße noch mit Freunden über die Überführung von freien Vereinen in Nazi-
Organisationen diskutierte, wurden sie vom damaligen Nachtwächter belauscht, der ihn dann denunzierte.
Im Polizeibericht ist festgehalten, dass Heinrich Agel folgendes gesagt haben soll: "Solchen Kack
unterschreibe ich nicht ... und überhaupt, unter solche Obhut stelle ich mich nicht".
Die Landesgendarmerie, Station Groß-Karben, meldete gleich am nächsten Tag (9. Juli 1933) den
"Vorgang" dem Hessischen Kreisamt Friedberg mit dem
Vermerk: “Herrn Bezirksführer R. zur Vormerkung für Osthofen”
und folgender Abschlussbemerkung:
"Es erweckt ohne weiteres den Anschein, dass Agel diese Äußerungen getan hat, denn es ist kaum
denkbar, dass Herr G. dieselben aus der Luft gegriffen hat. Bemerkt wird, dass gerade Agel früher -
trotz seiner Jugend - schon wiederholt kommunistische Versammlungen geleitet hat ... Er soll auch
der Führer von den Naturfreunden gewesen
sein.
Der Unterzeichner ist der Ansicht ... es
dürfte daher als angebracht erscheinen,
dass Agel in das Konzentrationslager
Osthofen verbracht wird, denn dies würde
auch auf die anderen Funktionäre
moralisch einwirken..."
Am 16. Sept. 1933 wurde Agel verhaftet und
nach einer "Spruchkammer- Verhandlung"
wegen kommunistischer Betätigung und
missfälliger Äußerungen gegen die
Anordnungen der Reichsregierung ("... er ist
der schwerste Verbrecher, den wir hier
haben...") vom 19. Sept. 1933 bis zum 1.
November 1933 im KZ Osthofen interniert, wo
er schwersten Misshandlungen ausgesetzt
war.
Informationen zum KZ Osthofen >hier
Zurück in Okarben verhinderte man seine Tätigkeit als
selbständiger Schuhmacher. Ab Februar 1940 arbeitete er bei der
Reichsbahn als Güterbodenarbeiter, später aus gesundheitlichen
Gründen bei der Zugabfertigung als Bote.
(Foto: Sammlung Familie Agel)
Nach dem Krieg legte er noch einmal seine Meisterprüfung ab. 1939 hatte er berets die Schuhmacher-
Meisterprüfung im praktischen Teil bestanden, nicht jedoch im Bereich "Gesetzeskunde"(!!!). Er arbeitete
aber weiter bei der Bahn. Hier legte er die Laufbahnprüfung zum Beamten mit Erfolg ab, wurde aber -
wegen seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung (Gutachten des Bahnarztes) nicht mehr in die
Beamtenlaufbahn übernommen...
Damit wirkten sich die gravierenden gesundheitliche Auswirkungen der Internierung im KZ Osthofen im Jahr
1933 für Heinrich Agel auch noch nach dem Krieg massiv auf sein Berufsleben und damit auch auf seine
Familie aus.
(Quelle: Hess. Staatsarchiv Darmstadt G15 Friedberg Q/Nr.113,
Archiv der Gedenkstätte KZ Osthofen
und Studienkreis Deutscher Widerstand 1933 - 1945)
In Erinnerung an Heinrich Agel wurde am 14.Mai 2012
ein „Stolperstein“ in Höhe des Hauses Hauptstraße 29 in Okarben verlegt.
Mehr zur Verlegung >hier
Auf dieser Seite ganz nach oben >>>hier anklicken